Im standard von 1.2.2016 werden die Ergebnisse der Zentralmatura diskutiert.

Dazu werden die Anteile der negativ abgelegten Prüfungen (ohne Kompensationsprüfung) verglichen und dabei stellen sich große Unterschiede zwischen Mädchen und Burschen heraus.

Ein aus statistischer Sicht wichtiger Faktor wird bei diesem Vergleich außer Acht gelassen: Die Anteile von Burschen und Mädchen eines Altersjahrgangs, die zu einer AHS-Matura angetreten sind sind deutlich verschieden. Wenn man als Ausgangspunkt die Geburtenzahlen des Jahres 1997 heranzieht (als angenäherte Zahl sollte das für unser Problem gut genug sein), sind 17.0% der Burschen und 24.7% der Mädchen dieser Kohorte zur Matura an einer AHS angetreten. Auf je 2 Burschen sind im österreichweiten Durchschnitt also 3 Mädchen zur Matura angetreten.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern sind ziemlich ausgeprägt. In Vorarlberg treten 18.8% der Mädchenkohorte an, in Wien dagegen 35.6%, also anteilsmäßig fast doppelt so viele. Von der Burschenkohorte treten in Vorarlberg 13.0% und in Oberösterreich 13.0%, in Wien dagegen 26.6%, also anteilsmäßig auch doppelt so viele an.

Der niedrigste Maturantenanteil bei den Burschen ist also 13.0%, der höchste bei den Mädchen 35.6%, in Wien sind also (gemessen als Anteil der Kohorte) knapp 3 mal so viele Mädchen zur Matura angetreten als Burschen in Vorarlberg und Oberösterreich.

Des Verhälnis von Mädchen und Burschen ist bundesländerweise ebenfalls ziemlich inhomogen, im Burgenland sind knapp 70% mehr Mädchen als Burschen angetreten, in Salzburg nur knapp 30%.

Wären die Begabungen unter Burschen und Mächen gleich verteilt und geht man davon aus, dass tendenziell jeweils die leistungsfähigsten Burschen und Mädchen zur Matura antreten, dann wäre es nicht weiter überraschend, wenn die Negativquote bei den Mädchen höher ist als bei den Burschen. Wenn die besten Burschen und Mädchen etwa gleich gut wären, aber mehr Mädchen antreten, dann müssten die zusätzlichen Mädchen ja schlechter sein und daher auch das Gesamtergebnis der Mädchen.

Diesen Überlegungen folgend können wir geschlechterspezifisch Kohortenanteile und Negativquoten für die einzelnen Bundesländer für die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik grafisch darstellen.

Diese Grafiken zeigen mehreres:

Eine weitere Grafik liefert uns mehr Einsichten über Bundesländerunterschiede. Wir vergleichen den Mädchenüberhang (wieviel Prozent mehr Mädchen) mit dem Verhältnis der Negativquoten. Was ist damit gemeint? In Kärnten ist die Negativquote der Mädchen in Deutsch mit 2.5% mehr als doppelt so hoch als die der Burschen 1.1%, der Negativquotient beträgt daher 2.5/1.1 =2.27

Ist der Negatvquotient nahe an 1, dann schneiden Mädchen und Burschen etwa gleich gut ab; ist er deutlich größer als 1, dann schneiden die Mädchen deutlich schlechter als die Burschen ab, und ist er deutlich kleiner als 1, dann schneiden die Mädchen vergleichsweise deutlich besser als die Burschen ab.

Diese Grafik zeigt klare Muster:

Eine detailliertere Analyse der Ergebnisse der Zentralmatura kann also wichtige Einsichten liefern. Allerdings ist ein simpler Bundesländervergleich der geschlechterspezifischen Negativquoten zu vergöbernd, die Maturantenquote an der Alterskohorte zu berücksichtigen liefert feinere Ergebnisse.

Auf jeden Fall belegt auch diese Analyse die Tatsache, dass die Auswertung der Ergebnisse der Zentralmatura helfen kann, regionalspezifische Schwachstellen zu entdecken und so Verbesserungsstrategien zu entwickeln.

Übrigens ist die Analyse mit den Maturantenanteilen an der Alterskohorte nicht neu; eine ähnliche Analyse wurde schon Ende Mai 2015 auf nzz.at und im Blog des Autors veröffentlicht.

Sie können die Daten, mit denen diese Analyse erstellt wurde, auch als csv-Datei herunterladen